MEIN MANNHEIM

„Die Mannheimer sprechen den großartigsten Dialekt der Welt!“

Die in Mannheim geborene und aufgewachsene Nina Kunzendorf ist heute eine der bekanntesten Schauspielerinnen des Landes. Eichbaum aktuell sprach mit ihr über ihren Beruf, ihre Liebe zur Quadratestadt und über das Glück regelmäßiger heimatlicher Genüsse.

Placeholder image

EICHBAUM aktuell: Sie waren letztes Jahr in der impro-visierten deutschen Filmkomödie „Klassentreffen” von Jan Georg Schütte zu sehen – ein Film, bei dem es kein Drehbuch, sondern lediglich Rollenprofile gab, auf deren Grundlage improvisiert werden musste. Eine ganz besondere Dreher- fahrung für Sie? 

Nina Kunzendorf: Sicher, ja. Aber nicht so sehr wegen des fehlenden Drehbuchs. Üblicherweise wird sehr kleinteilig und selten chronologisch gedreht. Hier haben wir beim Be-ginn des Klassentreffens angefangen und erst aufgehört zu spielen, als der Letzte die Party verlassen hat. 

EICHBAUM aktuell: Sie haben darüber hinaus in unzähligen Produktionen gespielt und viele Preise gewonnen: Was muss eine Rolle generell bieten, damit Sie sich für sie entscheiden? 

Nina Kunzendorf: Ich mag Figuren, die nicht vorhersehbar, die dreidimensional sind. Gerne solche, die in möglichst große Konfliktsituationen geraten, das bietet viel Raum zum Spielen! 

EICHBAUM aktuell: Drehen Sie lieber Filme für das Fern-sehen bzw. die Kinoleinwand oder bevorzugen Sie die Theaterbühne? 

Nina Kunzendorf: Ich liebe beides! Am Theater mag ich die Unmittelbarkeit, den direkten Kontakt zum Publikum und das Wissen um die Einzigartigkeit des Moments. Beim Spielen für die Kamera genieße ich das „Klein“-spielen-Dürfen und das Puzzlewerk des Drehvorgangs. 

Placeholder image

EICHBAUM aktuell: Zum Thema Nervosität auf der Bühne sagten Sie einst: „Würde man mich abends vor der Vorstellung vor die Frage stellen: Willst du spielen oder ein Bier trinken gehen? Ich würde immer ein Bier trinken gehen. Immer.“ Gibt es eine Lieblingssorte? 

Nina Kunzendorf: Pils oder Helles!

EICHBAUM aktuell: Zwischen 1996 und 1998 waren Sie auch im Mannheimer Nationaltheater zu sehen. Ist es etwas Besonderes, in der Heimat zu spielen, und verfolgen Sie heute noch, was sich in der Mannheimer Kulturszene tut? 

Nina Kunzendorf: Mannheim war mein erstes Engagement nach der Schauspielschule, ich habe das sehr genossen, das war eine herrliche Zeit! Meine Familie lebt noch in Mannheim, insofern bin ich regelmäßig hier und nutze das vielfältige Kulturangebot.

Placeholder image

EICHBAUM aktuell: Ihre ersten Schritte als Schauspielerin gingen Sie bereits in Ihrer Mannheimer Jugend in der Theater- AG des Ludwig-Frank-Gymnasiums und in einer Kirchentheatergruppe. Hatten Sie da bereits die Schauspielerei als Berufswunsch im Kopf? 

Nina Kunzendorf: Die Schauspielerei war eigentlich immer Plan B. Ich hatte ursprünglich vor, Literaturwissenschaften zu studieren, ich hatte nur großes Glück, dass ich die erste Aufnahmeprüfung an der Schauspielschule bestanden habe. Von da ab ging alles seinen Weg. 

EICHBAUM aktuell: Wenn Sie Kollegen erklären, woher Sie kommen: Wie beschreiben Sie Land und Leute? 

Nina Kunzendorf: Schwärmend! Mannheim ist eine tolle, vielfältige, kulturell reiche, lebendige Stadt. Das Umland ist herrlich, die Nähe zur Pfalz und zum Elsass ist ein Geschenk, mit dem Zug ist man in vier Stunden in Paris. Die Mannheimer sind direkt, geradeaus, genussfreudig, humorvoll und sie sprechen den großartigsten Dialekt der Welt! 

EICHBAUM aktuell: Gibt es in Ihrem unmittelbaren Umfeld jemanden, mit dem Sie kurpfälzisch reden können? 

Nina Kunzendorf: Und wie! Bei den letzten Dreharbeiten gab es gleich drei Kollegen, die kurpfälzisch reden konnten, das war herrlich!

EICHBAUM aktuell: Wie oft lässt Ihnen denn Ihr Kalender Freiraum für einen Abstecher in die alte Heimat? 

Nina Kunzendorf Ich bin regelmäßig, etwa alle drei Monate, in Mannheim – und zwar am liebsten inkognito (lacht). 

EICHBAUM aktuell: Sie waren lange Zeit Teil des Ensembles der Münchner Kammerspiele, heute wohnen Sie in Berlin. Die beiden Städte kann man sicherlich nicht als Dürregebiete im Hinblick auf das Bierangebot bezeichnen – kommt es trotzdem manchmal vor, dass Sie die Spezialitäten von Eichbaum vermissen? 

Nina Kunzendorf: Ich habe ja das große Glück, regelmäßig in Mannheim zu sein, sodass ich in den heimatlichen Genuss kommen kann. 

EICHBAUM aktuell: Die Coronakrise mit ihren existenziellen Ausschlägen hat auch die Schauspielszene hart getroffen. Was bekommen Sie von Kolleginnen und Kollegen mit und wie haben Sie selbst die letzten Wochen erlebt? 

Nina Kunzendorf: Die meisten Schauspieler fallen komplett durch ein Raster, weil sie weder fest angestellt noch Freiberufler sind, das ist schlichtweg eine Katastrophe. Die ganze Branche ist hart getroffen, Theater und Kinos müssen schließen. Ich hatte Glück: Eine geplante Produktion hat zwar später als geplant, aber immerhin stattgefunden. 

EICHBAUM aktuell: Lassen Sie uns zum Schluss noch einen Blick nach vorn werfen: Wie genau sehen Ihre Pläne für die nahe Zukunft aus? Und wird die Welt nach Corona eine bessere? 

Nina Kunzendorf: Im September werde ich wieder in Berlin drehen – eine norwegisch-deutsche Co-Produktion, auf die ich mich sehr freue. Meine große Hoffnung ist, dass der Klimaschutz bald wieder in den Fokus gerät und diesbezüglich Lehren aus der letzten Zeit gezogen werden: weniger fliegen zum Beispiel, weniger konsumieren und achtsam mit den Nächsten und der Welt, in der wir leben, umgehen. 

Eichbaum aktuell: Herzlichen Dank für das Gespräch!

(Interview aus dem Jahr 2020)