BRAULEXIKON TEIL 16- „NEU ENTDECKTE SCHÄTZE“

Alte Getreidesorten 

Bierspezialitäten bewusst zu genießen ist eine Kunst. Wer sie beherrscht, der will meist auch mehr über die Kunst des Brauens wissen. In deren offene und gut gehütete Geheimnisse weiht Sie diese Serie in EICHBAUM aktuell ein. In Teil 16 geht es um alte Getreidesorten, die lange Zeit von der Bildfläche verschwunden waren, im Zuge des wachsenden Ernährungsbewusstseins aber wieder auf steigendes Interesse stoßen …

Deutschland gilt als Land mit der größten Biervielfalt: In über 1.500 Braustätten werden zusammen rund 6.000 verschiedene Biere hergestellt. Allein aus diesem Grund besitzt Getreide einen hohen Stellenwert. Und gerade Urgetreide – oft als Synonym für alte Sorten wie Emmer oder Kamut verwendet – liefert den Brauern die Möglichkeit, vollkommen andere Aromen und Geschmacksnuancen ins Bier zu bringen. Zudem bedienen sie den Trend zu ursprünglichen Produkten. Einige dieser alten Getreidesorten möchten wir Ihnen heute vorstellen.

Einkorn ist das älteste bekannte Urgetreide der Erde (Nachweis bis 8000 v. Chr.). Wie der Name vermuten lässt, reift an jeder Ährenspindel nur ein Korn heran. Durch den hohen Anteil an Carotinoiden, Mineralstoffen und essenziellen Aminosäuren gilt Einkorn als besonders wertvoll und von edlem Geschmack. So hat sein hoher Gehalt an sekundären Pflanzenstoffen eine gesundheitsfördernde Wirkung und positiven Einfluss auf das Immunsystem. Seine Körner sind weich, schmal und klein. Beim Brauprozess entsteht durch Einkorn eine ungewöhnlich milde, elegante und an Vanille erinnernde Geschmacksnote.

Auch Emmer gehört zu den ältesten kultivierten Getreiden der Welt. Im Gegensatz zum Einkorn wachsen auf jedem Ansatz seiner Ährenspindel jeweils zwei Körner. Abhängig von der Sorte können die Spelzen weiß, braun oder schwarz sein. Aufgrund seiner langen Halme ist er auf dem Feld nicht sonderlich standfest. Dafür können sich seine inneren Werte sehen lassen: Im Vergleich zu gewöhnlichem Weizen enthält Emmer deutlich mehr Eiweiß, Zink, Magnesium und Eisen. Besonders der hohe Gehalt an essenziellen Aminosäuren ist für den Nervenstoffwechsel von Bedeutung. Dem Bier verleiht Emmer einen milden und fruchtig-aromatischen Geschmack.

Der Dinkel ist als eine Wildform des Weizens die wohl bekannteste unter den alten Getreidearten. Zeitgeschichtlich folgt er dem Emmer durch Kreuzung mit Wildgras. Wenn der Dinkel reif ist, sind seine Ähren geneigt und schimmern rötlich. Im Vergleich zum Weizen ist sein Korn ein wenig schmaler und länglicher. Wie die anderen Urgetreide überzeugt auch er durch eine besonders hohe Nährstoffdichte. Er ist reich an Eiweiß, Eisen, Mangan, Phosphor, Magnesium sowie den Vitaminen A, E und B. Obergärig gebraut, kommt Dinkelbier dem Geschmack von Weizenbier sehr nahe und lässt sich schön mit einem spritzigen, rezenten Charakter und dazu passenden komplexen Fruchtnoten aus der Gärung abrunden.

 

Um ein süffig-spritziges Bier mit malzig-getreidiger Note zu brauen, eignet sich auch Kamut. Kamut ist eigentlich keine Getreideart, sondern ein eingetragenes Markenzeichen für den sogenannten Khorasan-Weizen. Die Ägypter bauten ihn 4000 v. Chr. im Niltal an und gaben ihm den Namen „Ka’moet“, „die Seele der Erde“. Seine Körner sind etwa dreimal größer als die des herkömmlichen Weizens und etwas heller. Der Eiweißgehalt von Kamut ist bis zu 40 Prozent höher als der von Weizen und er enthält wesentlich mehr ungesättigte Fettsäuren sowie Vitamin E. Außerdem ist er reich an Mineralstoffen, insbesondere der Gehalt an dem das Immunsystem stärkenden Selen ist bei Kamut vergleichsweise hoch. So unterschiedlich die Sorten auch sind, eines haben die Urgetreide gemeinsam: Ihr wunderbarer Geschmack und ihr hoher ernährungsphysiologischer Wert erlauben es, daraus wunderbar wohlschmeckende Biere zu machen.

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